Löade und Liebe
„Load si“ ist kein neuer Anglizismus aus dem Informatikbereich, nein, es steht vorarlbergerisch für „schlechte Laune haben“, heißt wörtlich „Leid sein“ oder treffender „leidend sein“. Im Deutschen gibt es keinen Ausdruck, dessen Bedeutung deckungsgleich mit „load si“ wäre. Zu spezifisch ist die Vorarlberger Seele. Aus selbem Grund gibt es hier umgekehrt auch keine eigene Vokabeln für „lieben“ oder „Liebe“.
„Load“ kann der Bewohner des schönen Ländles auf vieles sein. Es beginnt meist zu Hause. Jemand hat die Herdplatte mit dem Riebel ungefragt zu früh abgedreht. Schon ist man load. Man liest schon vor dem ersten Biss Riebel und dem zweiten Schluck Kaffee die Sportseiten und wird noch „löader“ (erste Steigerungsstufe), weil die Unsrigen gegen den Listenletzten verloren haben.
Leicht verstimmt schreitet man auf die Straße. Dort tritt ein Mitmensch mein Recht, den Zebrastreifen zu überqueren, mit dem Gaspedal. Und schon droht die latente „Löade“ (Substantivierung) in einen massiven Zustand eklatant schlechter Laune umzuschlagen.
Zuerst wird dem Verkehrsrowdy lautstark nachgemault und mit unflätigen Handbewegungen zu verstehen gegeben, was man von ihm hält. Man flucht weiter und fantasiert Vergeltung: Wäre man nur Anwalt, man fackelte nicht lang rum. Besäße man nur eine Knarre, man ballerte ihm hinterher.
Alles in allem ein für eine gesunde Löade ideales Szenario. Denn die Gefahr, dass heute noch gute Laune aufkommt, ist gebannt. „Suload“ (Wortzusammensetzung) geht man weiter seinen Weg ins Büro, um bei der Ankunft festzustellen, dass der Lehrling verschlafen hat, die Heizung kaputt und überhaupt noch keiner da ist. Außer dem Boss und der scheint auch mit dem linken Fuß aufgestanden zu sein. Man beschließt intuitiv, mit ihm hochproduktiv seine Löade zu teilen – denn neben der Liebe ist die Löade das einzige, das mehr wird, wenn man es teilt.